Optimismus nach Inflation und Nazidiktatur

Von Christian Vogt

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Das Afrikaviertel mit seinen 1.000 Wohnungen im Kieler Stadtteil Dietrichsdorf wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und ab 1949 von der Kieler Werkswohnungen GmbH wieder aufgebaut.

Genossenschaftswohnungen – eine attraktive Alternative

Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot nach dem Krieg, der öffentlichen Förderung des Wohnungsbaus und der Zunahme von Neugründungen von Baugenossenschaften und Wohnungsunternehmen – nach überstandener Hyperinflation und Währungsstabilisierung – erfolgte 1924 in Erfurt die Gründung des Hauptverbandes Deutscher Baugenossenschaften. Sie ebnete den Weg für strukturelle Verbesserungen der Revisionsverbände, zu denen auch der VNW gehörte. Die ambitionierte Zielsetzung war klar: Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren, Vertretung gegenüber Behörden und Öffentlichkeit, klare territoriale Gliederung der Verbandsbezirke, einheitliche Strukturen innerhalb der Baugenossenschaften sowie Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls durch Erfahrungsaustausch und regelmäßige Verbandstage. Die Arbeit des Hauptverbandes erwies sich als grundlegend positiv wirksam, auch wenn noch nicht alle Vorteile – etwa bei Mustersatzungen, Mietverträgen oder statistischen Erhebungen – vollständig genutzt wurden.

Im Norden lief auch unter August Sievers alles geschäftsmäßig weiter, mehr noch: Auf dem Verbandstag 1926 in der Kieler Tonhalle rückte das bislang wenig beachtete Thema der Gemeinnützigkeit von Baugenossenschaften in Gesetzgebung und Rechtsprechung in den Fokus. Anlass waren zweifelhafte Neugründungen, die Leichtgläubige täuschten und nicht gemeinnützig agierten. Der Verband wirkte daher frühzeitig auf die Behörden ein, Neugründungen streng zu prüfen und Gutachten des Revisionsverbandes einzuholen. Für die meisten Mitgliedsgenossenschaften beantragte der Verband erfolgreich die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit bei den preußischen Ministerien für Justiz und für Finanzen.

Unter August Sievers wurde der Umgang des Verbandes mit den Mitgliedsunternehmen weniger förmlich und das persönliche Kennenlernen gewann an Bedeutung, so etwa 1927 bei der Jahresversammlung mit Seefeuerwerk im Badeort Eckernförde. Dort wurde nicht nur die Erweiterung des Vorstandes beschlossen und ein neuer beratender Ausschuss gewählt, sondern auch die Umstellung des Verbandes auf einen eingetragenen Verein vollzogen. Vorbild war der Hauptverband, dessen Satzung sowie die des niedersächsischen Verbandes – mit leichten Änderungen – die Grundlage bildeten. Die neue Satzung wurde im Juni 1927 einstimmig beschlossen. Die Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht Kiel erfolgte am 14. Oktober 1927 unter der Nummer 445 und wurde im Anzeiger für den Regierungsbezirk Schleswig veröffentlicht.

Auslagerung des regionalen Tagesgeschäfts

Vor dem Hintergrund des selbstkritischen Anspruchs, als moderner Dienstleister für die Mitglieder aufzutreten, entwickelte sich die vom Vorsitzenden Sievers initiierte diversifizierte Arbeitsteilung als erfolgreich.

Die Jahresversammlungen dienten künftig vor allem als Visitenkarte nach außen. Der Fokus lag auf überregionalen Themen, dem demonstrativen Einvernehmen der Mitglieder, dem Knüpfen neuer Kontakte zu Unterstützern sowie der Pflege der Beziehungen zu Behörden, Geldinstituten, Stadtverordnetenkollegien und Gemeinden.

Die Details des baugenossenschaftlichen Alltags wurden fortan im „Familienkreis“ auf nicht öffentlichen Bezirkstagungen oder eine Ebene tiefer in neu geschaffenen Arbeitsgemeinschaften behandelt. Hier schlossen sich Baugenossenschaften regional zusammen, etwa im Kreis Plön oder in den Elbgemeinden. So konnten aktuelle Themen wie Straßenbaukosten, Grundstücksbeschaffung, Bebauungspläne, die gerechte Verteilung öffentlicher Mittel oder Baupolizei- und Kanalisationsgebühren besprochen und rasch geklärt werden. Der Verband förderte gezielt die Gründung solcher regionalen, zweckmäßigen Arbeitsgemeinschaften. Dadurch sollten Unstimmigkeiten oder Rivalitäten vermieden und die verständnisvolle Zusammenarbeit benachbarter Wohnungsunternehmen, etwa in der Öffentlichkeitsarbeit oder bei Werbeversammlungen, gestärkt werden. Ein weiteres Ziel war es, kleinere Baugenossenschaften dazu zu bewegen, sich leistungsfähigeren Wohnungsunternehmen anzuschließen.Auch die bereits bestehende reichsweite Organisation vieler Genossenschaften im von Hermann Schulze-Delitzsch gegründeten Allgemeinen Verband der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und dessen Unterverbänden spielte eine entscheidende Rolle. Eine solche Unterverbandsgründung war zwar schon 1874 angedacht, jedoch wieder verworfen wurden. In der ersten Boomphase der Baugenossenschaften in den 1890er Jahren wurde das Thema auch im Kontext von Pflichtprüfung und Revision aber wieder aktuell. 1896 schließlich gründeten der Landrat Paul Berthold aus Blumenthal und der Berliner Baumeister Gabriel Wohlgemuth den Verband der Baugenossenschaften Deutschlands mit Sitz in Berlin. Dieser wurde auf dem 38. Genossenschaftstag in Rostock im August 1897 als ein Unterverband des Allgemeinen Verbandesanerkannt und vertrat im Gründungsjahr des VNW über 100 berichtende Genossenschaften. Der Allgemeine Verband agierte sogar international und erhob umfangreiche Statistiken über alle Genossenschaftsarten, die er in Jahresberichten und später im Jahrbuch veröffentlichte. Er gab spezialisierte Handbücher heraus und erweiterte sein Dienstleistungsangebot zunehmend auf Baugenossenschaften. Dank seiner großen Mitgliederzahl hatte er direkten Zugang zur Reichsregierung und zum Reichstag, weshalb er auf dieser Ebene als einflussreicher Lobbyist agierte. Unter Bertholds Leitung beschloss der Unterverband im Jahr 1900 auch, die Mitgliedsgenossenschaften territorial abzugrenzen mit dem Ziel, Bezirksverbände einzurichten und den Geschäftsbetrieb aller Wohnungsunternehmen, trotz regionaler Unterschiede, auf die Beschaffung von Häusern und Wohnungen für ihre Mitglieder zu beschränken.

Als erste unter den schleswig-holsteinischen Baugenossenschaften entsandte der Husumer Arbeiterbauvereineinen Delegierten zu einer Tagung des Verbandes der Baugenossenschaften Deutschlands nach Hann0ver. Von den dortigen Eindrücken inspiriert, versammelten sich am 2. November 1900 Delegierte der schleswig-holsteinischen Baugenossenschaften in Ellerbek, gründeten den Verband Schleswig-Holsteinischer Baugenossenschaften mit Sitz in Kiel und wählten Landesversicherungsrat Peter Christian Hansen zu dessen Direktor. Am 11. Juni 1901 beschlossen die Mitglieder im Werfterholungsheim Ellerbek, den Verband nach dem Genossenschaftsgesetz als Revisionsverband zu etablieren. Ein Jahr später genehmigte der Preußische Minister für Handel und Gewerbe die Verbandssatzung.

Eine Zeitung für alle – mit bestimmten Handicaps

Im neuen Informationsgefüge spielte die von der Heimstätte verlegte Schleswig-Holsteinische Bauvereinszeitung eine zentrale Rolle. Sie sicherte die laufende Berichterstattung und informierte die Verwaltungsorgane der Genossenschaften rasch über Neuerungen in der Wohnungsgesetzgebung, technische Innovationen und neue Baustoffe. Im Dschungel von Verordnungen und Gesetzen bot sie wertvolle Orientierung.

Als Informationsquelle und Nachschlagewerk entwickelte sie sich bald zum Bindeglied zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern. Auch für die inserierenden Unternehmen – Glasereien, Elektriker, Kreditinstitute, Generalunternehmer und Handwerksbetriebe – war sie von Bedeutung. Dennoch blieb die anzeigenfinanzierte Zeitung ein Zuschussgeschäft der Heimstätte. Der Verband appellierte wiederholt an die Mitgliedsunternehmen, auch die Aufsichtsräte mit Abonnements auszustatten, um deren fachliche Mitwirkung zu stärken. Mit der Ausgabe 7 des neunten Jahrgangs wurde die Zeitung 1933 eingestellt.

Politische Spielchen mit der Heimstätte

Jahrelang stand die Heimstätte dem Verband als treue Verbündete zur Seite, half bei Landbeschaffung, Zwischenkrediten und der Beschaffung von Geldern aus Berlin. Ohne diese Verbindung hätten die norddeutschen Baugenossenschaften nur etwa die Hälfte der Wohnungen errichten können. Ab 1926 geriet die Heimstätte selbst zum Zankapfel politischer Auseinandersetzungen: Der Provinziallandtag lehnte die Erhöhung des Stammkapitals und damit eine weitere Förderung der Heimstätte ab. Auch Handwerkervereinigungen kritisierten die Einrichtung als überholt und zu teuer, außerdem kam es wegen der gesellschaftseigenen Ziegelei in Elmschenhagen zu Konflikten mit dem Baustoffhandel. Forderungen nach dem Abbau der Heimstätte wurden laut.

Angesichts der Tatsache, dass rund 80 Prozent der Bautätigkeit der Heimstätte Baugenossenschaften zugutekam, stellte sich der Verband entschieden hinter sie. In einer Entschließung wurde der Landtagsbeschluss offen als empfindlicher Schaden für den Kleinwohnungsbau kritisiert – von Störung und Schädigung war die Rede. Das Überleben der Heimstätte und die dringend benötigte Kapitalerhöhung wurden für die Baugenossenschaften zur existenziellen Frage. In der Folge beauftragten immer mehr Wohnungsunternehmen die Heimstätte mit der Finanzierung und technischen Ausgestaltung ihrer Neubauten. Einige von ihnen, wie der Arbeiterbauverein Kiel-Ellerbek, ließen ihre Neubauten von der Heimstätte mit Inneneinrichtungen ausstatten, die von der Kunstgewerbeschule Kiel entworfen worden waren. Im Juni 1928 beschloss die Gesellschaftsversammlung schließlich, das Kapital auf 3 Millionen RM zu erhöhen. Damit konnten nun alle Baugenossenschaften Gesellschafter werden, eine Möglichkeit, die 23 Baugenossenschaften umgehend nutzten.

Parallel zeigte sich ein weiteres Problem: der Zugang zu Eigenkapital. Da immer weniger öffentliche Fördermittel in den sozialen Wohnungsbau flossen, sollten die Wohnungsunternehmen verstärkt auf Selbsthilfe setzen. Die Schleswig-Holsteinische Bauvereinsbank sollte – nach Vorbildern in Westfalen und Sachsen – die Spartätigkeit der Baugenossenschaften unterstützen. Zwar wurde eine Satzung ausgearbeitet, doch es fehlten die Mittel, um das erforderliche Depositenrecht zu erhalten. 1928 stellte sich die Frage nach einer Liquidation. Stattdessen wurde der Versuch unternommen, die Bank in eine eGmbH umzuwandeln. Mit den Plänen zur Gründung einer Bausparkasse durch den Giroverband Schleswig-Holsteins und Hannovers wurden die Bemühungen jedoch 1930 eingestellt. Damit scheiterte dieser Versuch, tragfähige Strukturen für die finanzielle Selbsthilfe der Baugenossenschaften aufzubauen.

Eine besondere Jubiläumstagung

Verbandsdirektor Sievers hatte allen Grund zu guter Laune, als vom 21. bis 24. Juni 1928 in Flensburg die Jahrestagung der norddeutschen Baugenossenschaften sowie die Hauptverbandstagung unter Prof. Dr. Albrecht stattfanden – gleichzeitig feierte der Flensburger Arbeiterbauverein sein 50-jähriges Jubiläum. Der Magistrat der Stadt übernahm einen Großteil der Tagungskosten, und im Städtischen Museum ergänzten drei Ausstellungen das Programm: eine zur regionalen Bauweise, eine zu Musterwohnungen mit Kleinhausmöbeln sowie eine Schau des Feuerschutzmuseums der Landesbrandkasse.

Seit seinem Amtsantritt hatte sich Sievers ebenso engagiert und selbstlos bewährt wie sein Vorgänger Hansen und sich ein großes Renommee erarbeitet. Er baute die Beziehung zum Hauptverband aus, der sich bei der Gesetzesgestaltung oder der Umstellung von Miet- auf Nutzungsverträge zunehmend als wertvoll erwies. Der VNW engagierte sich zudem für die Einführung einheitlicher Formulare für Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Inventuren. Alle angeschlossenen Genossenschaften nutzten inzwischen gesetzlich vorgeschriebene Baubücher und das empfohlene amerikanische Tagebuch für die Buchführung; auch die beschränkte Submission bewährte sich als Vergabemethode.

Bevor die Delegierten über den neuen Hindenburgdamm nach Sylt aufbrachen, diskutierten sie aktuelle Herausforderungen: die missbräuchliche Nutzung der Hochkonjunktur im Baustoffmarkt, Steuerfragen, das Zwecksparen und Finanzierungsmodelle für Bauprojekte. Bewährt hatte sich folgende Aufteilung der Finanzierung: 10 Prozent Eigenkapital, 40 Prozent über eine erste Hypothek, 20 Prozent über eine zweite Hypothek der Sparkassen, nun mit Gemeindebürgschaft, sowie 30 Prozent Zuschuss aus der Hauszinssteuer.

Das Dach – steil oder flach?

Auf den Verbandstagungen beschäftigten sich die Baufachleute des VNW in der Weimarer Republik immer wieder mit modernen Städtebaufragen rund um das „Neue Bauen“. Sie setzen sich intensiv mit der Bauhaus-Richtung und Architekten wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Bruno Taut auseinander.

In Kooperation mit der Baugewerkeschule Eckernförde machte der Verband seine Wohnungsunternehmen mit dem neuen, progressiven Bauen vertraut. Um die Wohnverhältnisse kontinuierlich zu verbessern, ließen sich Verband und Mitglieder in Lichtbildvorträgen über moderne Grundrisse, funktionale Zimmeraufteilungen, Tageslichtversorgung, Beheizbarkeit aller Räume, gut organisierte Küchen und kreative Fassadengestaltungen informieren. Ausstellungen mit Fliegeraufnahmen verdeutlichten zudem die Bedeutung der Luftbildfotografie für die Stadtplanung.

Während Leuchtturmprojekte wie Fritz Schumachers Jarrestadt in Hamburg-Winterhude – mit Mietpreisen von 75 Mark für eine Dreizimmerwohnung für Arbeiter jedoch kaum bezahlbar – sowie die geschwungenen Laubengänge in Hamburg-Dulsberg oder das Afrikaviertel in Kiel-Dietrichsdorf die Moderne verkörperten, dominierten in ländlichen Regionen weiterhin traditionelle Bauformen. Aber auch in Großstädten wie Hamburg, Kiel und Rostock bestand meist ein Nebeneinander von Moderne und Tradition.

Ein kleiner Kulturkampf entbrannte im Verband über das Flachdach. Diskussionen drehten sich um architektonische Klarheit, konstruktive Vorteile, Einsparpotenziale und die Anpassung an das Stadtbild. Schließlich einigten sich die Parteien darauf, dass die Befürwortung flacher Dächer nicht den Ausschluss traditioneller steiler Dächer bedeutete und dass auch im sozialen Wohnungsbau flache Dächer hochwertige, künstlerisch einwandfreie Bauten ermöglichten.

Vorbeugen ist besser als heilen – mit vielen Partnern

Bevor der Börsencrash am 25. Oktober 1929 die Weltwirtschaft erschütterte, Kapitalströme versiegten, Kredite zurückgezogen wurden, die Industrie sowie der Außenhandel einbrachen, funktionierte der soziale Wohnungsbau im Norden Ende der 1920er Jahre noch reibungslos. Die Beziehungen zu den Geldinstituten, allen voran den Sparkassen, waren gut. Nach neuer Satzung waren diese verpflichtet, 40 Prozent ihrer Einlagen in Hypotheken und insbesondere in den Kleinwohnungsbau zu investieren, so etwa die Kieler Spar- und Leihkasse. Auch die Landesversicherungsanstalt unterstützte viele Baugenossenschaften, und Landkreise wie Bordesholm beteiligten sich mit Anleihen, Bürgschaften und Hauszinssteuerhypotheken. Gemeinsam mit dem Verband verbesserten sie die Wohnverhältnisse der kleinen Leute erheblich, etwa mit der Eigenheimsiedlung Eckernförde-Sandkrug für Arbeiter und Angestellte der Torpedo-Versuchsanstalt – ein echtes Zeugnis für eine bessere Wohnkultur.

Gleichzeitig widmete sich der Verband der Nachwuchsförderung und der Anleitung der Führungsgremien, die immer noch meist ehrenamtlich arbeiteten. Er setzte durch, dass nach Abschluss der Revision gemeinsame Sitzungen von Vorstand und Aufsichtsrat zur Regel wurden und die Aufsichtsräte ihre Kontrollfunktion wahrnahmen. Manchen Ausreißern empfahl der Verband jedoch Volkshochschulvorträge zur Weiterbildung.

Unter dem Damoklesschwert

Dann änderten sich die Umstände: Bis April 1930 hatten sich die Arbeitslosenzahlen in zwei Jahren fast verdoppelt und lagen knapp unter drei Millionen. Erwerbslosigkeit wurde zu einem Problem, das der Verband mit wachsender Sorge betrachtete. Auch bei den Förderern des Baugenossenschaftswesens verschärfte sich die Lage: Die Landesbrandkasse konnte keine Darlehen mehr vergeben, die Mittel der Landesversicherungsanstalt schrumpften und viele der zum Zweckbausparen gegründeten Bausparkassen brachen zusammen oder wurden wegen unseriöser Geschäftsmodelle vom Reichsaufsichtsamt geschlossen.

Angesichts leerer Kassen wurde auch der Verband politischer. Besonders das geplante Gesetz zur Gemeinnützigkeit, das solide Finanzen forderte, sorgte für Diskussionen. Das Stammkapital von Aktiengesellschaften, GmbHs und Genossenschaften sollte deutlich erhöht werden. Die vom Gesetz geforderten 500 RM Geschäftsanteil pro Mitglied erschienen dem Verband jedoch als utopisch hoch für die Schleswig-Holsteinischen Wohnungsunternehmen.

Direktor Sievers blickte mit Sorge auf die nach wie vor unzulänglichen Wohnverhältnisse, die nicht nur körperliche Beschwerden, sondern auch „seelische Verelendung“ begünstigten. In diesem Zusammenhang spannte er den Bogen zu den politischen Auseinandersetzungen seiner Zeit und warnte, der Kommunismus gedeihe in Elendsvierteln, aus denen kein sozialer Aufstieg möglich sei – nur ein Hinabzerren großer Volkskreise in weiteres Elend.

Eine neue Vorgabe zur Vereinheitlichung

Zum 1. Dezember 1930 trat eine neue Gemeinnützigkeitsverordnung in Kraft, die als Sonderrecht für Vereinigungen galt, die Kleinwohnungen bauten. Sie legte einen Geschäftsanteil von 300 RM fest, was bei einem Wohnungswert von rund 10.000 RM als angemessen galt. Die Verordnung war hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit und der Ausführungsbestimmungen von Reich und Ländern sehr komplex. Sie enthielt Vorschriften über die Mindestzahl der Mitglieder, die Geschäftsanteile, die Aufsicht, die Zusammensetzung der Führungsgremien sowie das Verfahren zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Zudem wurde festgelegt, dass Revisionen jährlich, mindestens aber alle zwei Jahre erfolgen sollten, und dass neue Mustersatzungen umgehend zu übernehmen waren. Ziel war es, den Genossenschaften die Gemeinnützigkeit zu sichern und sie stabil aufzustellen.

Der Verband blieb erster Ansprechpartner für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Über ihn liefen die Anträge nach einheitlichen Richtlinien, er forderte die nötigen Unterlagen an und kümmerte sich um Ausnahmegenehmigungen. Außerdem wurde ein zentrales Baugenossenschaftsregister beim Verband eingerichtet.

1930/31 lag die Bauwirtschaft bereits schwer danieder. Im Kontext des 5. Allgemeinen Deutschen Bauvereinstages kritisierte der Verband im Norden die unzureichenden Maßnahmen in der Wohnungspolitik. Er forderte Kreditinstitute, Versicherer und Sparkassen auf, reichlich und günstiges Kapital bereitzustellen, um den Neubau von Wohnungen mit wirtschaftlich tragbaren Mieten anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. In dieser angespannten Zeit wehrte sich der Verband entschieden gegen neue massive Kritik an der öffentlichen Finanzierung der Baugenossenschaften, die als Misswirtschaft und Verschuldung der Nation diffamiert wurde. Er verwies auf die internationale Vorbildfunktion der deutschen Baugenossenschaftsbewegung, die seit dem Krieg höchste Anerkennung genoss.

Trotzdem verschlechterte sich die Lage dramatisch. Im Juni 1931 musste der Verband wegen ausbleibender Mitgliedsbeiträge einen Überbrückungskredit der Heimstätte aufnehmen, um laufende Kosten zu decken. Lohnkürzungen und hohe Arbeitslosigkeit gefährdeten die Mietzahlungen und brachten die Baugenossenschaften im Norden ins Wanken. Bis zum Frühjahr 1932 stiegen die Mietrückstände auf rund 20 Prozent des Sollwertes. Viele Menschen zogen in kleinere Wohnungen und die Baugenossenschaften setzten die durch Zinssenkungen eingesparten Beträge vollständig zur Mietsenkung ein, um Leerstände zu vermeiden – ein Teufelskreis angesichts von fast sechs Millionen Menschen ohne festes Einkommen.

Vor dem Regimewechsel

Trotz der trostlosen wirtschaftlichen Lage blieben Sievers und seine Kollegen ihrer Linie fleißiger, ernsthafter Verbandsarbeit treu. Sie überzeugten die Politik, dass Geldmangel kein Grund sei, die Gemeinnützigkeit zu verweigern, und leiteten die Mitgliedsunternehmen an, die durch die Zinssenkung vom Dezember 1931 frei gewordenen Mittel zur Sanierung von Nachkriegsbauten einzusetzen. Nach einer Reihe unaufgeklärter Brände arbeiteten sie mit der Landesbrandkasse an Brandverhütungsmaßnahmen und der Beseitigung von Gefahrenquellen bei Herden, Schornsteinen, Räucherkammern, Starkstromanlagen und Heizungen. In Rechtsfragen beschränkte sich der Verband weiterhin auf steuer-, verwaltungs- und zivilrechtliche Beratung, auch wenn oft eine Rechtsvertretung gewünscht wurde. Intern diskutierte man intensiv das Für und Wider von Fachkräften versus erfahrenen Laien in den Führungsgremien.

Mit Blick auf die sich verändernden politischen Verhältnisse konstatierte Sievers 1932, dass Krieg, Inflation und Wirtschaftskrisen zu einem laxer gewordenen Moralbegriff geführt hätten. Er erwähnte Missstände in der Gesellschaft, ohne ins Detail zu gehen. Zusammen mit dem Ehrenvorsitzenden Christian Hansen betonte er, dass der Verband und die Baugenossenschaften stets unpolitisch geblieben seien – eine „Volkssache“, an der alle Bevölkerungsteile unabhängig von Beruf, Bekenntnis oder Parteirichtung teilhaben sollten.

„Machtergreifung“ – ein Land auf dem Weg in die Diktatur

Nachdem Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt worden war, setzten die Nationalsozialisten ihren Machtanspruch auf allen Ebenen des Staates, in Wirtschaft und Gesellschaft rigoros um. Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 wurden die letzten demokratischen Politiker aus ihren öffentlichen Ämtern herausgedrängt. Im Kern benötigten die Nationalsozialisten mit dem den Schein von Legalität vortäuschenden „Ermächtigungsgesetz“ vom 23. März 1933, dem Vorläufigen Gesetz zur Gleichschaltung der Länder im Reich vom 31. März, dem Zweiten Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 7. April und dem zeitgleich erlassenen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, das die „Gleichschaltung“ auf den öffentlichen Dienst übertrug, nur rund zwei Wochen, um das Parlament auszuschalten, die Verfassung zu brechen, mit der Einsetzung der Reichsstatthalter die Gewaltenteilung zu beenden, die Selbstständigkeit der Länder aufzuheben und jüdische Menschen und politisch Missliebige aus dem Staatsdienst zu entlassen.

In Teilen unter staatlicher Lenkung, nicht selten in vorauseilendem Gehorsam oder durch die Eigeninitiative überzeugter Nationalsozialisten erfolgte zeitnah und parallel zur öffentlichen Verwaltung in vielen Organisationen, in Unternehmen, Vereinen und Verbänden eine regelrechte Welle an „Gleichschaltungen“ – stets begleitet von der Androhung staatlicher Intervention oder Auflösung. Dabei galt die „Gleichschaltung“ als vollzogen, wenn 51 Prozent der Führungspositionen bei Vorständen und Aufsichtsräten mit Nationalsozialisten besetzt waren. Politische Gegner wurden systematisch ausgeschaltet, die SPD am 22. Juni 1933 verboten und mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 auch alle anderen Parteien außer der NSDAP. Auch die wichtigsten Architekturvereinigungen der Weimarer Republik und das Bauhaus wurden aufgelöst, die Moderne im Wohnungsbau beendet. „Heimatschutzarchitektur“ hieß die neue Richtung, die die neue Reichskulturkammer vorgab.

Die „Gleichschaltung“ der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft

Ende März wähnte sich der Hauptverband Deutscher Baugenossenschaften und -gesellschaften noch sicher, doch die „Gleichschaltung“ des Dachverbandes erfolgte bereits am 24. April 1933. Während alle anderen Vorstandsmitglieder zurücktraten, wurde Dr. Otto Glaß zum Vorsitzenden gewählt und am 6. Mai vom Preußischen Staatsministerium zum Beauftragten für die „Gleichschaltung“ im Wohnungswesen ernannt. Bereits am 8. Mai 1933 erließ Glaß detaillierte Richtlinien für die „Gleichschaltung“ der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und der Revisionsverbände. Es wurden Parteizugehörigkeiten und Mitgliedschaften von Vorständen und Aufsichtsräten abgefragt – insbesondere zu NSDAP, DNVP, NSBO oder dem Stahlhelm. Ziel war es, politisch missliebige Personen, vor allem SPD- und Gewerkschaftsangehörige sowie Kommunisten, zu identifizieren und aus den Führungsgremien zu entfernen.

Wegen der unklaren Vorgaben folgte am 23. Mai 1933 ein ergänzendes Schreiben an alle Verbände und Mitglieder. Darin hieß es: „Ziel der Gleichschaltung ist, dass die Revisionsverbände und die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen unter sachkundiger und erfahrener Leitung stehen und die Verwaltungsorgane in ihrer Mehrheit mit Persönlichkeiten besetzt sind, die auf dem Boden der nationalen Regierung stehen.“ Zwar wurden noch Ausnahmen für verdiente SPD-Mitglieder und Einzelfälle, etwa jüdische Vorstandsmitglieder, angedeutet, doch im Kern mussten alle Organe ihre politische Zuverlässigkeit erklären. Zudem wurde die Amtsniederlegung sämtlicher Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder zum 1. Juni 1933 verlangt.

Die Nationalsozialisten nutzten dabei die Gemeinnützigkeitsverordnung von 1930 und das Argument, dass die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ein Organ öffentlicher Wohnungs- und Siedlungspolitik sei, um Eingriffe zu rechtfertigen, Gremien zu säubern und mit regimetreuen Personen neu zu besetzen.

Umsetzung ohne Widerspruch, im Gegenteil

Noch bevor am 14. Juli 1933 das Gesetz über die Sicherung der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen erlassen wurde, informierte August Sievers am 6. Juli 1933 das Amtsgericht Kiel über die bevorstehende Jahresverbandstagung und kündigte an, das Ergebnis der „Gleichschaltungswahl“ unmittelbar mitzuteilen. Auf der Tagung am 5. und 6. August in Kiel wurden der gesamte Verbandsvorstand und die Ausschussmitglieder nach den Richtlinien der „Gleichschaltung“ gewählt. Der Kieler Stadtrat Willy Werk, später auf der Mitgliederversammlung vom 26. Januar 1935 im Haus der Arbeit vom Hauptverbandsführer Dötsch zum Verbandsführer bestellt, eröffnete die Tagung. Er informierte darüber, dass die Kosten der „Gleichschaltungsarbeiten“ auf alle Mitglieder umgelegt würden. Willy Werk, 1884 in Friedeberg geboren, hatte den Lotsenberuf erlernt und war 1930 unter der Mitgliedsnummer 292.031 der Kieler NSDAP-Ortsgruppe beigetreten.

August Sievers zeigte sich zu jener Zeit der neuen politischen Führung gegenüber offen, betonte, der Verband verfüge über „gesundes Menschenmaterial“ und gesunde Verwaltungsverhältnisse und begrüße die nationalsozialistische Erhebung. Der Verband wolle den neuen Weg nicht nur mitgehen, sondern tatkräftig mitarbeiten. Gemeinsam mit dem Vertreter des Hauptverbandes, Dr. Enskat, der sich lobend über die NS-Gesetzgebung äußerte, forderte Sievers jedoch auch mehr finanzielle Unterstützung.

In der anschließenden Aussprache bekundete der NSBO-Leiter des Kreises Preetz, NSDAP-Mitglied Tregner, seine volle Zufriedenheit mit dem Verlauf der Tagung und forderte einen einheitlichen Zusammenschluss des Baugenossenschaftswesens. Willy Werk schloss die Veranstaltung mit den Worten: „Wir sind erfüllt von dem Geist der nationalsozialistischen Revolution. Wir wollen mitarbeiten an dem großen ständischen Aufbau. (…)  Mit diesem Wollen und diesem Geist des Volkes kann unser Führer eine Welt erobern. (…) Wir wollen ein einmütiges Bekenntnis ablegen für den Mann, der mit heißer Liebe zu seinem Vaterland und zu seinem Volk Raum und Platz für seine Volksgenossen schafft für unser geliebtes Vaterland.“ Das Unheil des Krieges kündigte sich an.

Massive staatliche Eingriffe in Verbände und Wohnungsunternehmen

Unter dem Vorwand, öffentliche Förderung erfordere strenge Aufsicht für eine bestmögliche Gestaltung des baugenossenschaftlichen Revisionswesens, verbarg der NS-Staat gezielte Eingriffe in die Autonomie der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft. Mit dem Gesetz zur Sicherung der Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 14. Juli 1933, der Ausführungsverordnung vom 6. Februar 1934 sowie dem Gesetz über die Beaufsichtigung und Anerkennung gemeinnütziger Wohnungsunternehmen vom 26. März 1934 sicherten sich die Nationalsozialisten unter Mitwirkung des Hauptverbandes die Kontrolle über Verbände und Mitgliedsunternehmen. Während die Satzung des Hauptverbandes 1931 noch demokratische Elemente betont hatte, zeigte sich beim neuen Hauptverband Deutscher Baugenossenschaften und Gesellschaften e. V. in Berlin das Ende des Parlamentarismus. Der Reichskommissar für das Siedlungswesen entschied künftig über Satzungsänderungen und die Zulassung oder Auflösung von Verbänden.

Mit der Pflichtmitgliedschaft aller Regionalverbände, die zum 1. Januar 1935 geografisch neu geordnet wurden, erfolgte eine Zentralisierung des Verbandswesens. In diesem Zuge wurden Mitgliedsunternehmen den neuen, jetzt für sie zuständigen Revisionsverbänden zugewiesen. Ihre Zustimmung war nicht mehr nötig, jegliche Doppelmitgliedschaft war ausgeschlossen. In den neuen Verbänden wurden gemeinnützige und nichtgemeinnützige Wohnungsunternehmen zusammengefasst – sie konnten zwar noch aus dem neuen Verband ausscheiden, verloren dann aber ihren Gemeinnützigkeitsstatus – ein wirksames Druckmittel. Auch der VNW entwickelte sich so zu einem staatlichen Kontrollinstrument.

Wie massiv die Eingriffe waren, zeigte sich etwa in Hamburg: Dort besetzte die Finanzverwaltung Aufsichtsrats- und Vorstandsposten in Baugenossenschaften wie der Gartenstadt Hamburg eGmbH, der SAGA oder der Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer-Genossenschaft eGmbH neu – oft unter Beteiligung des Verbandes, wie bei der Siedlung Kaiser-Friedrich-Ufer eGmbH. In ganz Norddeutschland mussten Unternehmen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit den Nachweis der „Gleichschaltung“ erbringen. Gehälter wurden neu festgesetzt, Aufwandsentschädigungen gestrichen und Hauswarte mit Parteibuch eingesetzt.

Am 9. Oktober 1934 ordnete der Reichswirtschaftsminister an, die Satzung des Verbandes Schleswig-Holsteinischer Baugenossenschaften e. V. zu ändern und das Tätigkeitsgebiet auf Hamburg, Mecklenburg, Lübeck und Oldenburg-Eutin auszuweiten. Der Verband wurde in „Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (Baugenossenschaften und -gesellschaften) e. V.“ umbenannt und als gemeinnützig anerkannt. Der NS-Sprachgebrauch hielt Einzug, etwa durch die Bezeichnung „Verbandsführer“. Dass der VNW mit der Satzungsänderung die Einführung des „Führerprinzips“ unterstützte, bestritt er nach dem Krieg.

Zugleich stieg die Zugriffsmöglichkeit des Hauptverbandes, der künftig im Benehmen mit der Mitgliederversammlung den Verbandsführer bestellen und abberufen konnte. Auf Vorschlag der Hamburgischen Finanzverwaltung wurde durch Erlass des Reichsarbeitsministers vom 21. Dezember 1934 Altona als neuer Sitz des VNW bestimmt. Mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung vom 26. Januar 1935 – in Anwesenheit hoher Parteifunktionäre wie Hans Dauser – wurde Willy Werk zum Verbandsführer und August Sievers zu dessen Stellvertreter und Verbandsdirektor ernannt sowie die Geschäftsstelle zum 1. April 1935 in die Goetheallee 4 verlegt.

Umbau der Verbandsorganisation

Mit dem Gesetz vom 26. März 1934 entstand im Norden eine organisatorische Einheit für alle Wohnungsunternehmen, gemeinnützige wie nichtgemeinnützige. Die Verbandsführung stand vor der Aufgabe, Genossenschaften, GmbHs, Aktiengesellschaften, eingetragene Vereine und eine Stiftung zu einer geschlossenen, wirtschaftspolitisch gleichgerichteten Gruppe zusammenzuführen – eine große Herausforderung. Zwischen 1934 und 1938 stieg die Zahl der Mitgliedsunternehmen durch Zwangsmitgliedschaft und territoriale Erweiterungen – auch im Zuge des Gesetzes über Groß-Hamburg von 1937 – von 92 auf 271 an: 131 Unternehmen in Hamburg, 112 in Schleswig-Holstein und 26 in Mecklenburg.

Ab 1935 konzentrierte sich der Verband auf den Aufbau einer Rechtsabteilung und den Ausbau der Prüftätigkeit, die nun durch eigene Prüfer ausgeübt wurde. Die Bezeichnung „Revision“ wurde im Juli 1937 durch „Prüfung der Vermögenslage“ ersetzt. Diese Prüfungen führten jedoch nicht zur erhofften Kostensenkung, sondern oft zu einer Verdoppelung oder Verdreifachung der Gebühren.

In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre beeinflusste die nationalsozialistische Ideologie zunehmend auch den Wohnungsbau. Kleinsiedlungen für Industriearbeiter wurden vom Staat subventioniert. Das 1934 gegründete Heimstättenamt der Deutschen Arbeitsfront (DAF) förderte in Kiel Werkswohnungen für Rüstungsbetriebe. Seit 1935 entstanden sogenannte „Volkswohnungen“, klein und karg ausgestattet, deutlich unter dem Standard der 1920er Jahre. Zwar blieben die Mieten zwischen 20 und 40 RM für Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen laut einer VNW-Erhebung um 1935 stabil und 1937 wurden so viele Wohnungen fertiggestellt wie seit 1914 nicht mehr, doch der Bedarf blieb weiterhin ungedeckt.


Noch bevor die Inflation ihren Höhepunkt erreichte, blieb der Verband im Norden der zentrale Verbindungspunkt zwischen den Mitgliedern und couragierter Verfechter der genossenschaftlichen Grundprinzipien. Stets betonte er die eigene Stärke und den inneren Zusammenhalt der Mitgliedsunternehmen, forderte aber auch immer wieder eindringlich, trotz teils erheblicher Steigerung des Mietzinses um 100 oder 150 Prozent, den Einsatz jedes einzelnen Mitglieds ein, durch pfleglichen und schonenden Umgang mit den Häusern und Wohnungen Kosten zu sparen und dank unentgeltlicher Nachbarschaftshilfe die Gebäude nicht verfallen zu lassen.

Die massive Geldentwertung, verursacht durch die Entkoppelung der Währung vom Gold, durch Kriegsschulden und Reparationsverpflichtungen, erreichte im Herbst 1923 ihren Höhepunkt, als die Mark ihre Funktion als Tauschmittel verlor. Erst die Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 stabilisierte die Wirtschaft, führte jedoch zu Einsparungen, Massenentlassungen und sinkenden Realeinkommen, die auch Wohnungsunternehmen und Mieter trafen. Die Wohnungsnot, in Hamburg etwa mit über 29.000 fehlenden Wohnungen, blieb bestehen. Trotz sich langsam stabilisierender Verhältnisse prägte die Inflation das kollektive Gedächtnis.

Im Bereich der wiedereinsetzenden Wohnungsbauförderung wurde 1924 per Steuernotverordnung die Hauszinssteuer als Aufschlag auf die Grundsteuer eingeführt. Die Einnahmen der Steuer, die bis 1943 gelten sollte, flossen über die Länder an die Kommunen und die neu eingerichteten Wohnungsfürsorgefonds, an denen auch die gemeinnützigen Bauunternehmen partizipierten. Parallel etablierte sich im privaten Sektor ein fragwürdiges System, bei dem Wohnungsbedürftige große Teile ihrer Ersparnisse, teil das Mehrfache einer Jahresmiete, als sogenannte Baukostenzuschüsse an private Bauherren zahlten. Diese verwandten die Zuschüsse zwar für Neubauten, setzten die Mieten aber nicht entsprechend niedrig an. Besonders lukrativ wurde es für die Privatwirtschaft dann, wenn sie zusätzlich staatliche Förderung aus den Hauszinssteuerhypotheken erhielt. Kurzum: Für das Gros der Wohnungssuchenden bot sich hier naturgemäß zu den gemeinnützigen Bauunternehmen keine Alternative.

Verbandsdirektor Walter Völschau (1903–1947)

Walter Völschau war eine prägende Figur im norddeutschen Wohnungswesen der 1930er und 1940er Jahre. Als Mitgründer des Bauvereins der Finanzbeamten – der heutigen Baugenossenschaft dhu – trieb der gelernte Steuerinspektor ab 1925 den genossenschaftlichen Wohnungsbau in Hamburg maßgeblich voran. Die Genossenschaft realisierte Wohnungsbauten z. B. am Goldbekufer in Winterhude und in der Bismarckstraße.

Völschau, der neben seiner Beamtentätigkeit seit 1927 Vorstandsvorsitzender des Bauvereins war, engagierte sich zudem in den übergeordneten Verbänden: Im Mai 1933 wurde er Beiratsmitglied des Hauptverbandes deutscher Wohnungsunternehmen und schied auf eigenen Wunsch im September 1935 aus dem Staatsdienst aus. Am 15. September 1935 wurde er beim Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen als Oberprüfer angestellt, ließ sich aber die Fortsetzung seiner Geschäftsführertätigkeit beim Bauverein vom Verband genehmigen. Der Verband machte die Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer zur Bedingung, die Völschau 1938 mit dem Wirtschaftsprüferexamen erfolgreich abschloss.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten passte sich Völschau rasch dem neuen Regime an: Gemeinsam mit dem Vorstand des Bauvereins trat er am 1. Mai 1933 geschlossen der NSDAP bei. Er bekannte sich öffentlich zur Zusammenarbeit mit dem NS-Staat und wurde nach kurzfristiger Amtsniederlegung erneut in den Vorstand berufen. Ab 1935 wirkte er hauptamtlich im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen, den er ab 1939 leitete. Parallel trat er dem Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund bei und engagierte sich bei der „Gleichschaltung“ und zentralen Kontrolle des Wohnungswesens.
Unter seiner Leitung wurde die Fusion kleinerer Wohnungsbaugenossenschaften vorangetrieben, wie etwa die des Bauvereins der Finanzbeamten mit der Genossenschaft „Deutsches Heim“– ein Schritt im Sinne der NS-Strategie zur Steuerung der Wohnungswirtschaft. Völschau starb 1947 nach einer Tagung auf Sylt.

Personalwechsel, Diskriminierung und erzwungene Fusionen

Als August Sievers 1937 im Alter von 71 Jahren als Verbandsdirektor und stellvertretender Verbandsführer ausschied, bestellte Willy Werk den bisherigen Oberprüfer Walter Völschau zu seinem Stellvertreter mit der Vollmacht, ihn als Verbandsprüfer uneingeschränkt zu vertreten. Nach Werks Rücktritt wurde Völschau auf der 36. Verbandstagung am 2. Juli 1938 in Hamburg mit Zustimmung der Mitgliederversammlung von Reichsverbandsleiter Dr. Julius Brecht zum Verbandsleiter bestellt – die Bezeichnung „Verbandsführer“ war inzwischen überall durch „Verbandsleiter“ ersetzt worden.

Seit Beginn der NS-Herrschaft wurde die menschenverachtende Ideologie auch formal verankert, die Ausgrenzung per Gesetz und Verordnung legitimiert. Im April 1939 erreichte dieses Prozedere auch den VNW: In einem Rundschreiben vom 12. April 1939, wie selbstverständlich zwischen Hinweisen zum Kreditwesengesetz, Fristen und Steuerabzügen eingeordnet, wurde unter dem Punkt „Juden in Genossenschaftswohnungen“ die Änderung des Paragrafen 3 der Mustersatzung und der Vordrucke für Beitrittserklärungen angekündigt. Gemäß der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 12. Januar 1938 durften Juden keine Mitglieder mehr sein. Der Verband empfahl den Mitgliedsunternehmen, entsprechende Satzungsänderungen zu beschließen, kündigte geänderte Mustersatzungen an und stellte Deckblätter zum Überkleben bereit. Neue Beitrittserklärungen verlangten künftig von Mitgliedern die schriftliche Versicherung, nicht Jude zu sein.

Die Zeit nach 1939 war geprägt von Umbenennungen nicht weniger Wohnungsunternehmen, die die wirtschaftliche Zugehörigkeit zur DAF dokumentieren sollte, etwa in Mecklenburg, wo die Neue Heimat Schwerin mit zwölf Tochtergesellschaften nahezu den gesamten Wohnungsbau übernahm. Zeitgleich kam es, auch im Zusammenhang mit dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, zu erzwungenen Fusionen, in deren Folge die letzten selbstständigen Baugenossenschaften unter staatliche Kontrolle gerieten. Der VNW selbst wurde ab dem 1. Januar 1940 als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt.

Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen – erstmals definiert

Mit dem am 29. Februar 1940 erlassenen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz schuf der Gesetzgeber einen Meilenstein des gemeinnützigen Wohnungswesens und damit ein Gegengewicht zum freien Wohnungsmarkt. Das Gesetz sollte das soziale Wohnungswesen in den nächsten 50 Jahren wesentlich beeinflussen.

Gemeinnützigkeit als altehrwürdiger Begriff wurde nun qua Gesetzestext festgeschrieben, vor allem aber wurden der Zweck und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen ausschließlich und unmittelbar auf den Rahmen der Vermögensverwaltung beschränkt. Die Hauptaufgabe derjenigen Wohnungsunternehmen, denen der Status der Gemeinnützigkeit gewährt wurde, bestand fortan im Bau von Kleinwohnungen, für die sie nur die Kostenmiete verlangen durften. Damit bedeutete Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen einen Verzicht auf Gewinnstreben, maximal 4 Prozent Dividende waren fortan erlaubt. Im Gegenzug erhielten die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen erhebliche Steuervorteile.

Jahre des Krieges

Was am 1. September 1939 mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen begann, endete in Massenmord, Elend und Zerstörung. Mit Kriegsbeginn wurde das Baumaterial kontingentiert, sodass nur noch der Bau gerade begonnener und fast fertiggestellter Gebäude abgeschlossen werden konnte. Danach kam der zivile Wohnungsbau mit dem generellen Neubauverbot vom 16. Februar 1940 vollständig zum Erliegen – ausgenommen war lediglich der Werkswohnungsbau für Rüstungsunternehmen.

Parallel zum Kriegsgeschehen reduzierte sich auch die Arbeit des Verbandes. Durch den Kriegseinsatz vieler Mitarbeiter geriet die Organisation in Schwierigkeiten, besonders in der Prüfungsabteilung. Dort mussten zehn hauptamtliche Prüfer durch ungelernte Kräfte ersetzt werden. Seit 1944 kam es infolgedessen zu erheblichen Prüfungsrückständen, insbesondere bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen.

Mit dem weiteren Kriegsverlauf erledigten sich auch die hochfliegenden Pläne der Nationalsozialisten für neue Stadtkonzepte und den Wohnungsbau nach Kriegsende. Zurück blieb ein Land in Trümmern: Nach Schätzungen war jede fünfte Wohnung unbewohnbar. Schleswig-Holstein kam mit knapp 10 Prozent zerstörtem Wohnungsbestand vergleichsweise glimpflich davon, was seiner peripheren Lage zu verdanken war. In Hamburg hingegen war nicht einmal die Hälfte aller Wohnungen nutzbar, und Kiel, eine der am stärksten zerstörten Städte Deutschlands, verlor über drei Viertel seines Wohnungsbestandes.

Mit der Kapitulation im Mai 1945 und der anschließenden Teilung Deutschlands endete bis zur Wiedervereinigung das Kapitel des VNW als Revisionsverband für drei norddeutsche Länder.

Nachkriegszeit: Neustart in Unbeständigkeit

Angesichts der enormen Kriegsschäden und des Zustroms von Flüchtlingen, Vertriebenen und zurückkehrenden Soldaten nahm der VNW direkt nach Kriegsende seine Verbandstätigkeit wieder auf, um der akuten Wohnungsnot entgegenzuwirken. Er lehnte eine einseitige Wohnungsbauförderung ab und verfolgte eine möglichst breit aufgestellte Mitgliederstruktur. Die Zahl der betreuten Unternehmen hatte sich durch erzwungene Verschmelzungen während der NS-Zeit und die Liquidation von 29 Unternehmen in Mecklenburg zwischen 1939 und 1948 um rund 35 Prozent verringert.

In Hamburg und Schleswig-Holstein gestalteten sich die Verhältnisse gänzlich verschieden. Hamburg war als Stadtstaat und Gemeinwesen traditionell wohnungspolitisch führend gewesen und verfügte auch jetzt noch über ein dichtes Netz an gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Neugründungen wurden streng geprüft und vorhandene wie neugegründete Unternehmen führten umfangreiche Bauprogramme durch, die jene der Vorkriegszeit sogar übertrafen. Die Neugründungen erfolgten um 1948 vor allem in den Randgebieten, wodurch ein im Grunde vollständiges Netz gemeinnütziger Unternehmen entstand.

In Schleswig-Holstein hatten traditionell insbesondere kleinere und mittlere Genossenschaften Kleinsiedlungen und Kleineigenheime errichtet. Die vorhandene Zahl an Unternehmen war bis dahin ausreichend, doch durch die Flüchtlingsbewegung änderte sich die Bevölkerungsstruktur grundlegend. Es bestand dringender Bedarf, die neuen Einwohner mit Arbeit und Wohnraum zu versorgen. Daher entstanden an mehreren Orten neue Wohnungsunternehmen, mit deren Hilfe der Wohnungsbedarf bis 1949 zunächst gedeckt werden konnte.

Überall im Norden erschwerten begrenzte finanzielle Ressourcen, Fachkräftemangel und Baustoffknappheit die Lage. Aber die Verbandsmitglieder mobilisierten mit ihren Einlagen alle Kräfte und der Verband unterstützte sie zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft schleswig-holsteinischer Wohnungsunternehmen technisch, wirtschaftlich wie rechtlich. Allerdings wurde der Idealismus des Neuanfangs von der Realität oftmals auf die Probe gestellt. Die Beratungs- und Prüftätigkeit blieb zunächst begrenzt.

Der Schwerpunkt der Aufbauleistungen lag in dieser Zeit im Wesentlichen in der Instandsetzung und in der Wiederbewohnbarmachung von Wohnungen. Schon zum Jahreswechsel 1947/48 begann der Wiederaufbau, insbesondere in den schwer zerstörten Städten Kiel und Hamburg, wo sich die Unternehmen zunächst um den Aufbau ausgebrannter Ruinen kümmerten.

Währungsreform, Wiederaufbau und revitalisierte Verbandsarbeit

Während mancher Laden, mancher industrieller Komplex oder private Geschäfts- und Wohnungsbauten noch teilweise mit den Gewinnen aus Hortungs- und Schwarzmarktgeschäften finanziert wurden, mahnte der VNW frühzeitig eine Währungsreform an. Erst nach der Einführung der Deutschen Mark am 20. Juni 1948 begann sowohl in Hamburg als auch in Schleswig-Holstein eine intensive Instandsetzungs-, Wiederaufbau- und Neubautätigkeit. Der soziale Wiederaufbau kam hier aufgrund der finanziellen und behördlichen Förderung durch die öffentliche Hand wesentlich besser voran als in anderen Teilen der Westzone. In Hamburg unterstützte die Wiederaufbaukasse Wohnungsunternehmen unmittelbar mit Mitteln für Instandsetzungen, in Schleswig-Holstein geschah Ähnliches im kleineren Rahmen. Öffentliche Mittel aus beiden Landeshaushalten bildeten das Rückgrat der Förderung. Auch außergewöhnliche Eigenleistungen der Wohnungsbewerber und das starke Ansteigen der Arbeitsleistungen der am Bau Beschäftigten trugen wesentlich zum Wiederaufbau bei. Der Zustrom zu den Baugenossenschaften war groß, Wartelisten waren lang, vorrangig wurden langjährige Mitglieder mit Wohnraum versorgt. Ende 1948 waren etwa in Hamburg dennoch nur 47,5 Prozent der Genossenschaftsmitglieder wohnlich versorgt.

Bereits frühzeitig hatte der VNW die norddeutschen Wohnungsunternehmen durch Arbeitstagungen auf die wirtschaftlichen Umbrüche vorbereitet, etwa auf die Abwertung der Altgeldguthaben. Fragen zur Regelung von Kriegsschäden oder zu Hypotheken auf Ruinengrundstücke blieben lange ungelöst und neue gesetzliche Anpassungen erforderten ständige Beratung. Nach der Währungsreform stieg die Prüfaktivität stark an: Prüfungen dauerten nun deutlich länger, da Vermögensverhältnisse schwer zu beurteilen waren. Viele Unternehmen verfügten nur noch über geringe Geldbestände, die für Bauprojekte kaum ausreichten. Umschuldungen sowie Erlass und Stundung von Zinsen und Tilgungen waren notwendig. 1949 und 1950 beschäftigten sich die Prüfer überwiegend mit Sonderbilanzen zum Reichsmarkabschluss und mit der DM-Eröffnungsbilanz.

Um die steigenden Baukosten zu kontrollieren, arbeitete der Verband mit Behörden zusammen, erstellte Preisspiegel und trug maßgeblich dazu bei, das geregelte Ausschreibungswesen wieder zu etablieren.

Ein zentrales Problem blieben auch nach der Gründung der Bundesrepublik am 23. Mai 1949 geringe Mieterträge, die oft nicht die Bewirtschaftungskosten deckten. Im Kern stellte sich sowohl beim Wiederaufbau von komplett zerstörten, völlig ausgebrannten wie auch bei teilzerstörten Häusern die Frage, inwieweit die Vorkriegsmieten wirtschaftlich noch tragbar waren. Dabei konnte das Thema auskömmlicher Mieten zu jener Zeit nur unter Berücksichtigung des Realeinkommens der breiten Bevölkerungsschichten erörtert werden. Der VNW wollte die Mietpreisentwicklung nicht der Kostenlage überlassen und setzte sich daher für sozial tragbare Mieten ein, z. B. von nicht mehr als 1 DM pro Quadratmeter für Stadtwohnungen. 

Daneben kümmerte sich der Verband zusammen mit Sparkassen, Versicherungsunternehmen und öffentlichen Einrichtungen wie der Wiederaufbaukasse in Hamburg um die Finanzierung der Instandsetzungsmaßnahmen und Neubauprojekte, insbesondere um die benötigte Eigenkapitalquote von möglichst 20 Prozent im Bereich der Bauherrenfinanzierung. Dies bereitete jedoch erhebliche Schwierigkeiten, wenn bei den Wohnungsunternehmen die DM-Eröffnungsbilanz noch nicht vorlag und der Wert der Genossenschaftsanteile und des Gesellschaftskapitals noch nicht festgestellt worden war. Der Verband empfahl daher seinen Mitgliedern, Eigenmittel über Vorauszahlungen auf Genossenschaftsanteile und auf steuerbegünstigte Sparverträge zu beschaffen.

Signal für eine bessere Zukunft

Auf dem ersten Verbandstag nach dem Kriegsende am 6. und 7. März 1948 in der Universität Hamburg, auf dem die Wohnungsbauprogramme für Hamburg und Schleswig-Holstein vorgestellt wurden, beschlossen die Delegierten einstimmig eine neue, demokratisch-genossenschaftlich ausgerichtete Satzung. Die Organe des Verbandes wurden neu gewählt und der organisatorische Aufbau wurde festgelegt. Vor allem wurden die Rechte der Mitgliedsunternehmen wieder in Selbstverwaltung verankert und die seit 1933 eingeführten Einschränkungen aufgehoben.

Der Verbandstag, nun wieder zum obersten Organ bestimmt, wählte einen fast 30-köpfigen Verbandsausschuss, dem Vertreter der Mitgliedsunternehmen sowie Senatoren und Regierungsvertreter aus Hamburg, Kiel und Lübeck, ein Architekt, ein Rechtsanwalt und ein Gewerkschaftsvertreter angehörten. Dieser Ausschuss wählte den fünfköpfigen Verwaltungsrat, in dem unter anderem Erich Klabunde, der seit 1939 als Geschäftsführer tätig war, und der neue Verbandsdirektor Dr. Julius Brecht zentrale Rollen einnahmen. Diskutiert wurde auch, ob nur Personen in die Gremien aufgenommen werden sollten, die im Widerstand gegen den Nationalsozialismus oder zumindest keine aktiven Nationalsozialisten gewesen waren.

Die Verbandsarbeit gliederte sich fortan in vier Fachausschüsse: Haushalts- und Prüfungsausschuss, Arbeitskreis der technischen Mitarbeiter, Ausschuss für Mietfragen und Ausschuss für Baustoffversorgung. Zudem wurden die örtlichen und bezirklichen Arbeitsgemeinschaften in Städten wie Hamburg, Neumünster, Heide, Kiel und Lübeck wiederbelebt und verzeichneten großen Zulauf. Die unternehmerische Aktivität des VNW und seiner Mitgliedsunternehmen und der gemeinsame Wille, Gutes zu bauen, hatten den Krieg überdauert.